02.08.2016

Exkurs: Mit dem Hund im Museum

Labrador Retriever auf Aussichtsplattform; mit Hund im Museum; Industriekultur, Industriedenkmal, Hüttenwerk
Hund auf Hochofen
HUNDE VERBOTEN! In den meisten Museen ist dies selbstverständlicher Passus der Hausordnung. Die Museen berufen sich auf konservatorische Notwendigkeiten und stellen Hundehalter vor große Herausforderungen bei der Planung eines Museumsbesuchs. Das Zeit- und Bedürfnismanagement gegenüber dem Hund lässt sich oft nur unter hohem Aufwand mit einem mehrstündigen Ausstellungsaufenthalt einschließlich An- und Abreise vereinbaren. Umso entspannter ist der gemeinsame Besuch in einem "hundefreundlichen Museum". Zwei Beispiele hierfür sind das Openluchtmuseum Arnheim und das Museum für Eisen und Stahl auf der Henrichshütte Hattingen des LWL-Industriemuseums.


Das Openluchtmuseum Arnheim ist eines der großen europäischen Freilichtmuseen und gewährt, wie viele andere dieser Gattung auch, Hundehaltern mit Anhang Einlass. Das Museum ist weitläufig, durch die zahlreichen Besucher überaus belebt und mit seinem breiten Themenspektrum abwechslungsreich. Zum besonders stressfreien Vergnügen macht den (Gassi-)Rundgang die Hundefreundlichkeit der Niederländer. Details wie die Anbindestelle vor dem Schaudepot sind nur ein kleiner Service, der zeigt, dass Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern nicht nur geduldet, sondern als Publikum ernst genommen werden.

Hund auf Dorfstraße im Freilichtmuseum Arnhem
Ob konventionelles Dorf oder Museumsdorf.
Für einige Besucher macht dies keinen Unterschied.

Überraschend positiv verlief der Besuch mit Hund im LWL-Industriemuseum am Standort Hattingen. Jimmy wartete noch im Auto, als ich von der freundlichen Dame an der Kasse die Information erhielt, dass Hunde selbstverständlich erlaubt sind. Auf die Frage, ob mit dem Vierbeiner auch die derzeitige Sonderausstellung und die Innenraumpräsentationen zu besichtigen seien, verblüffte die Antwort: Die Mitarbeiterin sagte, dass ich dies dürfe, auch wenn das eigentlich so nicht vorgesehen sei. Falls etwas passieren sollte, solle ich mich jedoch bei ihr an der Kasse melden, damit sie sich darum kümmern könne. Mit einer Portion Menschenverstand und einem Gespür für die Situation antizipierte die Museumsmitarbeiterin, dass ich als Hundehalter alles dafür tun werde, um den Freund am anderen Ende der Leine möglichst geräuscharm und rückstandslos durch die Ausstellung zu leiten.

Beim Rundgang selbst passt sich der Mensch dem Tempo des Hundes an, ist nicht ganz so frei im Umherschweifen und bemüht sich schneller, vielleicht auch weniger zu lesen. Das muss kein Nachteil sein. Im Außenbereich erhalten die Passagen zwischen den Präsentationen plötzlich gesteigerte Bedeutung. Für Jimmy sind diese Transitwege genauso wichtig – oder unwichtig – wie die Plätze vor den Highlight-Objekten. Es ergeben sich neue Perspektiven, die Betrachtung von Nebensächlichkeiten, der rahmenden Natur, der Wegebeschaffenheit und -führung gewinnen an Bedeutung. Hindernisse und Engstellen für den Hund werden identifiziert, Laufwege dementsprechend angepasst. Je nach Veranlagung und tagesabhängiger Gemütsverfassung des Hundes kann dieses sehr bedachte Spazieren etwas anstrengend, in unspektakulären Ausstellungsbereichen jedoch auch bereichernd und anregend sein.

Für den Hund stellt der Museumsbesuch – soweit ich die Reaktionen Jimmys zu interpretieren vermag – weder eine tolle Situation im Hundealltag, noch eine stressverursachende Tortur dar. In jedem Fall ist die Begleitung von Herrchen oder Frauchen ins Museum die bessere Alternative zu Kofferraum oder einsamer Wohnung. Der Rhythmus im Rundgang kommt den Vierbeinern entgegen. Momente der Langeweile vor Exponaten kompensieren Passagen mit unterhaltsamen Reizen und Herausforderungen verschiedenster Art. Im Freilichtmuseum können dies Tierbegegnungen und Geruchsspuren sein. Im Industriemuseum ergeben sich die herausfordernden Momente eher durch das Begehen ungewohnter Untergründe, wie Stahlgitter oder Riffelbleche. Ganz zu schweigen von der Fahrt mit dem gläsernen Aufzug auf den Hochofen der Henrichshütte in Hattingen.

Openluchtmuseum Arnhem; mit Hund im Museum
Vierbeinige Besucher werden
selbst zur Attraktion
Für alle Beteiligten kann ein Museumsbesuch mit Hund ein Gewinn sein. Kein Hundebesitzer möchte in einem Museum als Störenfried auffallen und Hunde sollten nicht pauschal als Gefahr für Objekte und Sauberkeit im Museum angesehen werden. Die richtige Kommunikation zwischen Museumsmitarbeitern und den Hundehaltern kann eine entspannte Atmosphäre herstellen. Auch für andere Museumsbesucher brachte Jimmys Anwesenheit keine mir ersichtlichen Unannehmlichkeiten mit sich. Sowohl das Openluchtmuseum, als auch die Henrichshütte sind derart weitläufig, dass man sich bei Bedarf aus dem Weg gehen kann. Dass die Nähe zum Hund eher gesucht denn vermieden wird, zeigte sich bei den Nachfragen um Selfies.

  • Lieblingsexponat? – Im Openluchtmuseum Arnheim das Haus der Remigranten aus Niederländisch-Ostindien (Indonesien). In Hattingen der Hochofen 3, der dank eines gläsernen Aufzugs bis auf mehreren Ebenen zu besichtigen ist.
  • Nachmachen! – Die Freundlichkeit und den ausgezeichneten Kommunikationsstil der MitarbeiterInnen an der Kasse und in der Aufsicht beider Museen.
  • Was stört? – Die Liebe der niederländischen Kuratoren zur Inszenierung mit Puppen. Auf der Henrichshütte die kleinen Nachlässigkeit, Abnutzungs- und Altersspuren in der Ausstellung. Damit ist nicht die Patina der Objekte gemeint. 
  • Wie hinkommen? – Das Auto ist bei beiden Museen das bevorzugte Anreisevehikel. 
  • Charme? – Das Museum für Eisen und Stahl fasziniert mit rohen, brachialen Industrieanlagen und Großobjekten. Das Openluchtmuseum liegt idyllisch, umfasst vielfältige Gebäudeensembles und überzeugt nicht zuletzt aufgrund der ausgelassenen Stimmung des Publikums.
  • Jahreskarte oder Tagesticket? – Beide Museen sind immer wieder einen Besuch wert. Ein großer Kritikpunkt an der niederländischen Institution ist jedoch der unverschämte Eintrittspreis von 16€ (Onlineticket 15€). Hinzu kommen Parkgebühren von 6€.
  • Was gibt’s noch? – In Hattingen liegt nur wenige Minuten Fußweg vom Museum eine der schönsten Hundefreilaufflächen im Ruhrgebiet. Auf einem großzügigen, umzäuntem Gelände können Hund und Mensch einen der schönsten Abschnitte der Ruhr genießen. Auch Möglichkeiten zum Wassersport sind gegeben. In Holland laden Arnheim und das unweit gelegene Nimwegen zu Sightseeing und Bummeln ein. 
Thema Milch in der Sonderausstellung zu Getränken und Trinkkultur in Hattingen
Dialog zwischen Besucher und Ausstellung.
Die Kuratoren haben alles richtig gemacht.
Hörstation im Museum für Eisen und Stahl
Auch raffiniert in Objekte integrierte Medienstationen
begeistern nicht alle Besucher








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