03.10.2013

Hitta hem - Nach Hause finden | Örebro Läns Museum, Schweden


“Some are mothers, some are fathers, all are sons, all are daughters”, heißt es in einem Song von Hot Water Music.  Wir alle waren einst Kinder und wissen, wie stark uns die Erfahrungen aus der Kindheit und die Beziehung zu unseren Eltern prägen. Wir wissen auch, wie wichtig es ist, in der Kindheit Geborgenheit zu spüren. Die schwedische Wanderausstellung Hitta hem („Nach Hause finden“ oder „Ein Zuhause finden“) dokumentiert Erinnerungen aus der Kindheit, wie sie nur die wenigsten haben – Erinnerungen aus einer Welt meist ohne Geborgenheit: das Leben in Kinderheimen...

Ich besuche die vom Stockholmer Stadtmuseum produzierte Ausstellung im Läns Museum der Stadt Örebro. Auf etwa zwanzig, dreikantprismenförmigen
Holzstelen wird die historische Entwicklung von Kinderheimen in Schweden gezeigt, parallel begleitet von der Dokumentation persönlicher Schicksale in den Heimen und in Ersatzfamilien. Neben den berichtenden Texten und Zitaten sind in den meisten Stelen Quader eingelassen, in denen sich hinter einer Glasscheibe ausgeleuchtete Objekte befinden. Die Dinge stammen aus Kinderheimen oder dem persönlichem Besitz von Menschen, die in solchen Einrichtungen aufwuchsen: ein alter Teddybär, dem ein Ohr fehlt; ein kleiner, geschlossener Koffer mit Namenschild, auf dem „Lily Löfgren“ steht; ein Nachttopf, den sich ein Junge mit zehn anderen teilen musste.

Es handelt sich um einfache, doch eindrucksvolle Mittel der Narration. Denn ohne weitere Erklärungen konzentriert sich in ihnen die Essenz einzelner Schicksale. Dadurch wecken sie beim Betrachten Gefühle und ziehen uns mitten in eine Lebensgeschichte hinein – sie tun also genau das, was Ausstellungsexponate im Optimalfall tun sollten: durch sie entwickeln wir ein Verständnis für andere Leben, die wir selber nie gelebt haben. Mit anderen Worten: eine gelungene Ausstellung tut das, was auch gute Literatur schafft.

Die Ausstellung ist nicht sehr groß, doch so intensiv, dass sie auch nicht umfangreicher sein sollte. Sie schließt mit einer aktuellen Videodokumentation von Jugendlichen, die in Heimen oder bei Ersatzeltern aufwachsen. Auch wenn die Bedingungen sich heute für die Kinder gebessert haben, sprechen die Stimmen in der Ausstellung in vielen Fällen von Zuständen, die von Schmerz und einem Gefühl der Verlorenheit, aber auch von neu gefundenem Selbstbewusstsein bei den (ehemaligen) Kindern und Jugendlichen zeugen. Somit dient die Ausstellung nicht nur als Dokumentation, sondern den Beteiligten auch als Möglichkeit zur Aufarbeitung der eigenen Erfahrungen.  
Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Januar 2014 zu sehen. 







Nachmachen! – Die Erklärungen zu den Fotos hängen als Hands-ons daneben und geben einem durch das anfassen-dürfen/müssen das Gefühl, näher am persönlichen Schicksal teilhaben zu können; Interaktivität ist immer wirksam; starke Überschriften, die ein Thema auf den Punkt bringen und dabei emotional wirken, ohne jedoch gefühlsduselig zu werden

Wie hinkommen? – Örebro erreicht man mit dem Flieger von Kopenhagen oder mit dem Zug von Stockholm. Vom Bahnhof zu Fuß etwa 10 Minuten: vorbei am Schloss und durch den Park

Charme? – Mit einfachen Mitteln lassen sich tolle Ausstellungen machen. Inhalt und Vermittlung sind besser als die gestalterische Umsetzung.
 
Das Café im Örebro Läns Museum: Freude für Gaumen und Auge
1    Was gibt´s noch? – Das Café/Restaurant des Örebro Läns Museum, www.rosengrensskafferi.se, mit täglich wechselndem vegetarischem Buffet ist köstlicher, frischer und umfangreicher als ich es sonst je ein kulinarisches Angebot in einem Museum vorgefunden habe. Auf diese Weise bekommt man über die Gastronomie neue Besucher ins Museum. Davon könnten sich vor allem deutsche Museen eine Scheibe abschneiden!
      Freier Eintritt, der sich für die Museen als lohnend herausgestellt hat: es kamen mehr Besucher als zu der Zeit, als noch Eintrittsgelder erhoben wurden; und die steigenden Besucherzahlen hatten zur Folge, dass die finanziellen Zuschüsse erhöht wurden.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen